21 Dezember 2005

Über die Werbung

Epiliere dich, ob Männchen oder Weibchen, willst im Trend du sein, so enthaare dich, entkleide dich deines Fells, dann hast du garantiert eine strandtaugliche Figur. Was, du glaubst es immer noch nicht, dann schau dir gefälligst diese jungen, nackten Damen und Herren an; siehst du ein Haar an ihrem Körper (außer am Kopf du Idiot) na eben! Völlig fassungslos stehe ich, als der angesprochenen vor einer Plakatwand und erblicke wirklich drei nackte junge Menschen, völlig nackt, die mich ob der segensreichen Erfindung der Epiliercreme für Sie und Ihn aufklären wollen.
Mein Pech an der Geschichte ist, Plakate erlauben im Kommunikationsprozeß nur eine Richtung, man kann nicht antworten, nicht seine Meinung kundtun. Okay, ein Kübel voller schwarzer Farbe ist durchaus auch ein Statement, in diesem Fall sogar ein passendes, aber das Argument „schütt“ ist doch etwas zu undifferenziert, mehr Ausdruck einer spontanen Wut.
Ich möchte doch mal fragen, was sich die Damen und Herren Werbestrategen so denken, wenn sie derartige Kampagnen starten. Wie, höre ich da nicht viel. Nun offen gestanden, es hat den Anschein. Nackte Haut, seien wir doch offen, zieht doch immer, wir alle haben als Teenager Schlüsselloch, Playboy und all die anderen schmuddeligen Zeitschriften unter der Matratze gehabe, und im Internatsspint hing doch immer eine Vollbusige überlebensgroß. Ja, was bei uns, (ähm ich spreche klarerweise von jungen Männern, was so in den Köpfen pubertierender Mädchen vorgeht, habe ich beim besten Willen noch nicht herausfinden können) in jungen Jahren wäßrige Augen (nicht nur…) bewirkt hat, das geht doch immer. Heerscharen von Werbepsychologen und Marketingfritzen können nicht irren, der Schaureflex ist der wichtigste. Anscheinend ist die Botschaft noch nicht angekommen, daß man mit derartigen Holzhammermethoden den Verstand der potentiellen Konsumenten beleidigen kann, die dann zum Trotzreflex greifen, diese Firma werde meiden.
Nicht alles was witzig gemeint ist, ist auch witzig, manches Mal ist es im schlimmsten Fall beleidigend, im besten Fall einfach nur blöd, und wer will den ein blödes Produkt kaufen? (Nach der Implikation der Werbenden, die Haltung gegenüber dem Produkt wird von der Werbebotschaft vorgegeben.)
Habet Mut, euch eures Verstandes zu bedienen, meine Damen und Herren Werbenden. Setzt auf Witz, Intelligenz und Offenheit, manchmal, gelingt es euch sogar, das will ich euch zugestehen. Die Kampagne des Joghurts „Macht zwar nicht schlanker, aber es schmeckt“ ist ehrlich und hat Witz. Warum versucht ihr denn andauernd, euere Kunden für blöder zu verkaufen als sie sind? Vielleicht bin ich etwas zu optimistisch, aber ich behaupte mal, es weiß doch jeder, daß er um keine Spur schlanker wird, wenn er ein 0,1% Fett- Joghurt ist, anstatt ein 3,6%. Das eine Joghurt macht es nun beim besten willen nicht mehr aus? Oder? An dieser Stelle will ich auch die Kampagne der Wiener Linien hervorheben, da sie nun wirklich ihre Kunden nicht für blöd verkauft, sondern die Alltagssituationen in all ihrem Witz und Groteske darstellt. Ich erinnere an das junge Mädchen, das im Morgengrauen vor der Tür ihrer Mutter steht, und zu ihr sagt, „Du hast doch gesagt mit dem letzten Bus!“ Leute, das kann was. Ich verstehe schon, daß nicht jede Kampagne unbedingt eine Meisterleistung sein kann, aber man wünscht sich halt schon etwas mehr Bemühen.
Ihr Damen und Herren Werbenden solltet endlich zur Kenntnis nehmen, daß ihr wertvollen und großflächigen Platz im öffentlichen Raum einnehmt, der ihr zugebener Maßen zwar bezahlt, aber das ist noch lange kein Grund, diesen mit Dummheiten zuzukleistern. Es gibt auch so etwas wie einen öffentlichen Auftrag, ja ja, schon gut, von Moral zu sprechen ist antiquiert und oberlehrerhaft. Das verlange ich auch nicht, mir ist schon klar, Werbegeld hat nun mal keine Moral, von Würde ganz zu schweigen, aber Dezenz. Und überhaupt, warum müssen wir Passanten uns denn alles gefallen lassen, nur weil es euch in euren dreimalkreativen Bureaus habt einfallen lassen?

Ich rufe zur ultimativen Plakatschändung auf, wem ein Plakat nicht gefällt, oder wer sich beleidigt fühl, hat das recht dieses zu übertünchen! Mit blau, mit gelb mit weiß mit allen möglichen Farben. Machen wir uns die Stadt wieder zu eigen und gestalten sie wirklich bunt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

soso, wir werbenden sind also ein hirnloser haufen. ich muss doch prtestieren.