30 März 2006

über den lenz


ein untrügliches zeichen dafür, daß das frühjahr naht, sind die zwitschernden vögel. ja ja ich gebs zu, das ist nun wirklich kein fulminanter einstieg in die frühlingsdebatte, aber wahr ist halt. oder stadtmensch? auch schon von singenden vöglein geweckt worden? übrigens hat es jenes unschuldig zwitschernde himmelswesen schon zu literarischen hochehren gebracht, schon vergessen, jaja es war doch die nachtigall und nicht die schnöde lerche, der anzeiger des morgens und damit das nahe ende der liebesnacht, zwischen romeo und julia. seither sollten alle, und damit sind wir übrigens wieder beim thema, in sachen liebesdingen tätigen personen auf die rufe der gefiederten freunde achten. sie verraten wichtige details, die manchmal lebensrettend sein könnten...
geduld, geduld, mit dem naheverhältnis zwischen liebesdingen und dem lenz werden wir uns später eingehender beschäftigen. zuvorderst eine begriffliche klärung, lenz, was heißt das überhaupt. lenzmonat, sich einen lenz machen, achja, da fällt mir noch ein lenziges vokabel ein, so ein lieblingswort: faulenzen. lenz geht zurück auf lengzo althochdeutsch für lang. damit ist die jahreszeit der länger werdenen tage gemeint, die ja in der tat merkbar länger werden. nein, ich will jetzt nicht eine debatte über die sinnlosigkeit der sommerzeit vom zaun brechen. das ist eine andere geschichte.
das ist es also, mehr zeit, ja und wo mehr zeit, da mehr muße, soviel ist klar - weil zu muße braucht es notwendig als einen essentiellen bestandteil eben zeit, in form von frei, also freizeit. und wenn nun bei zeit und muße männlein und fraulein zusammengeraten, das ganze gewürzt wird durch hinzufügen einer ordentlichen ration hormone, ja dann kommen wir auf einer direttissima zu den liebesdingen, die zwangsläufig sind mit längerwerdenden tagen. und damit verbunden, mit immer laueren abenden finden sich genügend gelegenheit der zweifachen muße zu frönen. das ist, soweit ich weiß, seit alters her so. dies belegend will ich nur das botticelli gemälde la primavera also der frühling anführen. dort wird die titelgebende figur (selbst eine allegorie) von allerhand allegorischen gestalten begleitet. nebem dem kriegsgott mars, dem windgott zephyr ist natürlich amor mit im spiel. der darf im des frühlings nie fehlen. da fällt mir noch ein sprachliches detail auf: im ital. heiß es la primavera, in dt. der frühling. die dt. sprache hat aus der linden allegorischen getalt der primavera einen herrischen gebieter des wachstums gemacht. naja, vielleicht auch notwendig im rauheren norden, wo der strenge winter mit härteren bandagen vertrieben werden muß als im linderen süden.
und was tut mars, nun der sorgt dafür, daß im garten des frühlings krieg, streit und zwietracht außen vor bleibem auf daß sich muse und lenz, also lange zeit einstellen kann. dies ist der momentanen zeit auch zu wünschen, einen mars der alle unbill abschirmt, so sich muse einstelle, anstatt zwang zur zweisamkeit, der momentan an allerhand plakaten ausgerufen wird.
wo ich das herhabe?
bitte...

29 März 2006

über die flexibilität

nun denn, es heißt ja allerorts, alles müsse sich dem neuen zeitgeist anpassen, und dementsprechend flexibler werden. flexibilität, ja so lautet das neue zauberwort, dem sich alles und jeder tuende im wirtschaftssystem unterzuordnen hat. flexi- was ist da einer versucht zu fragen, was zum geier heißt den das überhaupt? gute frage, mich erinnert der begriff an die zeichentrick- figuren der 70er jahre, die bunten barbapapas, die da sich ändern konnten, wie sie wollten barbapapas. ja so lautete das damals, ich hab den titelsong noch immer in den ohren, der wurm will wohl überhaupt nicht mehr heraus. nun denn, den herren manager und ceo's geistert wohl als wunschvorstellung der idealmitarbeiter barbapapa in ihren shareholdervalue verbrannten hirnen herum. bunt, soll er sein, stets gut gelaunt, natürlich voll motiviert und extrem anpassungsfreudig welche form und art auch immer gewünscht. (man fordert ja nicht mehr, das entspricht nicht der modernen zeit) gut ich probiers mal, bleibt mir auch nichts anderes übrig; ich bin arbeitslos, und damit nicht unbedingt am längeren ast. als erstes wähle ich die farbe grün, die strahlt moderne großstädtische energie aus, ökobewegung, kreativität und so; was nicht gut gewählt, hmm... warum denn? hää weil grün stünde im zusammenhang mit revolte der 68er und sei die farbe des islam? signalisiere wenig kontinuität? naja, hab ich nicht bedacht, also dann halt gelb, das strotzt ja so vor energie und positiver kraft, oder, schließlich zeichnet doch jedes kind die sonne, die reinform jeder energie, in gelb. auch keine gute wahl? ja was, wieso denn? zu klerikal, zu konservativ? jaja, schon die papstfahne ist auch gelb, stimmt schon, und die post auch, und die kaiserfahne auch. sehen sie! gut, einverstanden. zu guter letzt finde ich einen guten kompromiß mit meinem farbberater, wir einigen uns auf .. grau! ein guter mitelwert, tut niemand weh.
nein, das ist kein blöder jux. man vergleiche mal die farben der heutigen heiligen kühen mit jenen von vor 20 jahren, denen des autos. heute findet man überwiegend gedämpfte farben, vorzugsweise eben grau, hingegen vor 20 jahren waren viel knalligere, bunte faben in, so gelb und blau und orange und so sachen halt.
also da stehe ich nun, ich mausgrauer barbapapa, und übe mich in yogischen verränkungen, um den flexi- anforderungen gerecht zu werden, und sehe eine kolonne ebengleicher mausgrauer (manche dunkler, manche heller) barbapapas in seltsam grotesken posen sich üben. schlagartig wird mir klar, man übt, ich bin in ein coaching für arbeitslose gelandet. dem haufen der anwesenden wird eingebläut, wie sie sich auf die neue arbeitswelt vorzubereiten haben. ich wünschte, die herren groß- und feinredner des radios und fernsehens wären hier, um sich das geächze und gestöhne der verränkten menschen anzuhören, dieses wimmern der älteren körper und den eigentlich unmenschlichen stellungen. aber diese, deren arbeitsplätze ja ohnehin sicher sind, da sie sich den arbeitsplatz gegenseitig geschaffen haben, ziehen es vor, weitab, nur via televisionärer botschaften mit ihrem volk zu konferieren, auf daß man es nicht höre.
alldieweil übe ich einen kopfstand, um meine konzentrationsfähigkeit zu verbessern. die aufgabe lautete, eine viertelstunde in dieser stellung zu verharren und gleichzeitig die quadratwurzel aus 3673 zu ziehen. obgleich mir der sinn dieser okulten handlung völlig schleierhaft bleibt, führe ich sie mit einer ungeheuern vorfreude aus, da mir versprochen wurde, nach erfolgreicher beendigung derselben ein anstellungsangebot zu erhalten. nach etlichen versuchen, die sich über eine ganze woche hin erstrecken und unzähligen blauen flecken am kopf und an den restliche körperstellen, ich kann keinen schritt schmerzfrei mehr tun, gelingt es mir, die übung erfolgreich zu beenden. ich bekomme die anstellung.
.... als coach für arbeitslose ...

übrigens die quadratwurzel aus 3673 ist 60,605.