14 April 2006

über die wahlen in italien

allora, sie sind also geschlagen, die wahlen in italien, das votum, ein denkbar knappes, ist zugunsten des mitte-links bündnis ausgefallen. der amtierende volkstribun ist abgewählt worden, vom volk, knapp aber doch. dieser sieht das aber nicht so, er sei, so glaubt er, um seinen sicheren sieg betrogen worden. die üblichen verdächtigen, ein nebulöses gesindel von kommunisten und linken hätten die wahlen vorsätzlich manipuliert und interveniert. was nicht sein kann, darf auch nicht sein. man beanstandete wahlzettel, zetterte und geiferte nach wiederauszählung. doch der berg der beanstandeten voten schmolz rapide in der nichtvorhandenen römischen sonne, auf daß am ende ein unbedeutendes häufchen übrigblieb, das beim besten willen keinen einfluß auf das wahlergebnis nehmen kann.
das glück ist ein volgerl pflegen die wiener zu sagen, es kommt unerwartet und überraschend, aber ebenso rasch ist es wieder dahin. was bleibt ist ernüchterung. kater, kopfschmerzen und panik. wieso gerade jetzt, alles war doch so gut geplant. der noch amtierende premier berlusconi hätte, wenn er doch die wahlen gewonnen hätte, was für ihn ja eigentlich sicher war, einen der ihm treu ergebenen gefolgsleute zum premier ernannt, und sich selbst zum staatspräsidenten wählen lassen. diese wahl ist in italien keine volkswahl, sondern sache des parlaments und der zweiten kammer, der senat; diese wählen den präsidenten, also mit dem erhofften wahlergebnis kein problem. der vorteil dieser vorgehensweise liegt auf der hand: berlusconi hätte von justiz und anderen unbillen sieben jahre vollkommene ruhe gehabt, und wäre danach automatisch zum senator auf lebenszeit berufen worden. damit ist ebenfalls eine lebenslängliche immunität verbunden, also ein recht kommodes ruhekissen für einen derart umstrittenen, um es mal höflich zu formulieren, zeitgenossen wie berlusconi. ja eben hätte und wäre. diese konjunktive, nicht nur die schüler haben ihre rechte mühe mit solchen satzkonstruktionen auch ex-regierungschefs. seine verteidigunsstrategie besteht in einem alten trick, den volkstribune häufig anwenden. bewirf deinen gegner mit allem möglichen, irgendetwas wird schon hängenbleiben. nun stand also der vorwurf des wahlbetrugs im land. das ist für eine demokratische republik keine kleinigkeit, im gegenteil, der vorwurf lautet, anders formuliert, staatsstreich. das land, im dem sich dies alles zuträgt, heißt nicht weißrussland, sondern italien, eines der gründerländer der eu. man ist einfach nur baff. sprachlos.
wieso darf das eigentlich sein. wenn ein eifacher bürger sich erdreistet, gegen die insignien des staates sich zu vergehen, also die hymne nicht kennt, oder die fahne nicht grüßt, (war schon mal thema), muß der betreffende mit massiven problemen rechnen. aber bezichtige wahlsieger deines landes als putschisten, raub dieses dein land aus, bieg gesetzte so hin, daß sie dich vor knast bewahren. kein problem
manchmal beschleicht mich der zweifel, ob die real existierende demokratie nicht doch eine riesengroße farce ist, zu dessen ritualen es gehört, mit pomp und getöse zu den urnen gerufen zu werden. ich lasse mich gerne eines besseren belehren, wenn wieder vernunft und demokratie im wortsinn, in diesem land einkehrt.

05 April 2006

über den kaffeesatz

koffein ist, das wußte man schon seit einiger zeit, der wein der philosophie. wohlan, ihr hobby-denker, nachwuchsphilosophierer, dampfplauderer und wahrheitslieber, röstet die bohnen, auf daß ihr vom wissen trunken werdet. all die guten und weniger guten sorten wie arabia, robusta und all die anderen, hortet sie, röstet sie auf kleinem feuer und trinket daraus, oh ihr wißbegierigen zeitgenossen, die erkenntnis oder zumindest die wachheit, im schlimmsten fall das herzrasen, wird mit euch sein.
ja und dann hat die ganze kaffetrinkerei noch einen entscheidenden vorteil, sie ist sozusagen ganzheitlich verwertbar. man kann den kaffeesatz recyclen! nein, nein, nicht nocheinmal verwenden und kaffee daraus pressen wollen, diese untugend ist nur in sehr schlechten und gierigen kaffeehäusern beheimatet. ich kenne ein solches haus, diese hatte einst die restbestände der kaffeemaschine im dachboden zum trocknen ausgebreitet und das so wiedergewonnene pulver einfach dem neuen kaffeepulver untergemischt. panschen nennt man das, ja panschen, pfui teufel, der kaffee schmeckte auch entsprechend übel.
nein, das war nicht gemeint, man kann was viel profitableres mit dem alten satz anstellen. darin lesen! ja ja ich habs ja gehört, was zum kuckuck soll man den in kaffeepulver lesen können? ist doch kein buch oder? nein, buch ist das keines, aber das wunderbare tor zur zukunft. man kann im kaffeesatz die zukunft lesen. ja, wirklich, und das wird praktiziert und jede menge geld damit verdient. ist doch toll, oder, das trinkt man zuerst einen kaffee, also einen denkerwein, berauscht sich daran und benützt den abfall um die zukunft vorherzusagen und kohle zu verdienen.
großartig, ja und wie geht das denn? nun eigentlich ist es ganz einfach, man braucht dazu folgende zutaten: eine kaffetasste, eigentlich klar oder? jemanden der türkischen kaffee zubreiten und vor allem trinken kann, ich kanns nicht, und ganz wichtig einen klienten, der dringenst einblick in seine zukunft bedarf, also jemanden der von seiner/ ihrer lebensliebe verlassen wurde etc. der rest ist ermessenssache. man stürzt die ausgetrunkene kaffeetasse kopfüber auf die untertasse, hebt das häferl ab und untersuche akribisch den schwarzen haufen nassem pulver, welcher da zu liegen kam. wichtig ist, im rhythmischen abstand murmelnd erstaunen zum ausdruck bringen, wie "ist ja interessant" oder "so eine überraschung", gut ist auch "das hätte ich nicht gedacht". zweck der übung ist, der klient muß vor neugierde platzen, man kann ihn ruhig etwas zappeln lassen und nur zögerlich zu sprechen beginnen. dann gilt es, sehr diplomatisch vorzugehen, die kunst besteht darin, durch geschickt ausgelegte fragen, dem klienten jene antworten herauszukitzeln, die er/sie gerne hören würde. und der rest ist einfach: man gebe triumphierend von sich, das hätte ich ja so gesagt, und das stünde alles im kaffeesatz. viel kohle ist machbar. und wenns mal nicht eintrifft, was man da posaunt hat? nun kein grund zur panik. am besten man schwadroniert irgendwas von schlechten strahlen oder kalkhaltigem wasser, welche die sicht getrübt hätte oder von den neuen chanchen, die man ja prophezeit hätte.
höre ich da jemanden abwinken: alles schwachsinn. nein keineswegs, mitnichten. das wird tagtäglich praktiziert, mit zugegeben elaborierter wirkenden praktiken, das pflegt auf den ruf wissenschaft zu hören. zukunftsforscher nennt man diesen illustren kreis der modernen kaffeesatzleser, die den geistweinhumus auf posterioritäten hin untersuchen. und sie, und das ist der hammer, werden dafür fürstlich, ja königlich entlohnt. und was tun sie, nun nichts anderes als unser freund der kaffeesatzleser, durch geschicktes fragen und zusammenfassen von allgemeinwissen derartige all-gemeinheiten zu entdecken, die zwangsläufig in irgendeiner form passen müssen. da ist dann häufg die rede vom stellenwert der kommunikation, von der importanz der direkten dienstleitungen und der notwendigkeit der kooperation. man hört auch gerne von den neuen partnerschaften, neuen dienstverhältnissen. überhaupt taucht das vokabel "neu" in ungeahnten wortzusammenstellungen auf, von denen eigentlich kein mensch sagen kann, was diese wortungeheuer eigentlich bedeuten. na wunderbar, dazu bedarf es allerdings einen zukunftssatzleser, wir armen untrunkenen unwissenden wären nie drauf gekommen. und das beste, die zukunftsforscher werden nie müde zu betonen, die zukunft fände doch gerade jetzt statt, ja in dem augenblick, wo sie diesen satz lesen, lesen sie ihn eigentlich in der zukunft. perfekt, damit kann man sichien praktikables geschäftsfeld zusammenzimmern, du liest am morgen zeitung, selbstverständlich ebei einer tasse kaffee, um 10 faßt du das gelesene zusammen, dazu kann, muß man aber nicht kaffee trinken, schaden tut es nicht, und fertig ist deine diagnose, ab mit ihr in die druckerei, solange der braten noch heiß ist. so und jetzt her mit dem scheck.
ohne die werten herren, und dafür gebührt ihnen lob und dank, würden wir die zukunft gar nicht mitbekommen.