20 Juli 2008

über die demokratiemüdigkeit

die letzten, allerneuesten und brandheissesten umfragen bescheinigen den großen volksparteien östererichs herbe verluste. würde dieses prognostizierte ergebnis am wahltag sich manifestieren, wären vier von fünf parteien praktisch gleichwertig im parlament vertreten. nun ist hinlänglich bekannt, dass wahlprognosen ähnlich wie zukunftsforscher wie auguren in irgendwelche innereien ihre schau halten, entsprechend sind ihre erkenntnisse zu werten. für ahlprgnosen und dem eigentlichen wahltag gilt das alte sprichwort "ersten kommt es anders und zweitens als man denkt". aber eine gewisse politische verdrossenheit kann man im p.t. wahlvolk trotz aller vorsicht doch konstatieren. erkundigt man sich in seiner näheren und ferneren umgebung nach deren jeweiligen wahlfavoriten, indem man die simpel klingende frage stellt: "was werden sie wählen?" erntet man nur ein angedeutetes achselzucken und eine hilflosen gesichtsausdruck.
zu welchem zweck und ende sollten politische vertretungen im parlament und in den gremien der regierungen noch sitzen, scheinen sich ganze heere von wahlberechtigen zu fragen. gerichte verhandeln unglaubliche verfehlungen von führungspersönlichkeiten angesehenster banken. die frage, wieso hat niemand von den unfaßbaren unregelmäßigkeit wind bekommen, und wenn doch, wieso hat niemand eingegriffen. gleichzeitig werden millionenverluste einer weiteren privatbank aktenkundig, das letztendlich den zahlreichen kleinaktionären am allermeisten schadet. in diesem fall scheint die verantworliche managerkaste der bank nicht nur schadlos sondern mit einigem privaten gewinn sich aus der affäre ziehen zu können.und die politiker hinterlassen zur zeit ob dieser turbulenzen einen völlig hilflosen eindruck. vorschläge, ob brauchbar oder nicht, werden von den jeweiligen mitbewerbern, wie der neue, politisch korrekte terminus für die ehemalige konkurrenz neuerdings lautet, bedingungslos abgeschmettert, eben weil sie von den mitbewerbern stammen und daher per definitionem falsch und unausgegoren sein müssen. die aktuellen politikerköpfe, die das land am strome bevölkern sind völlig bar jeder vision und vorstellung wie und wohin sich dieses land jenseits des ereignishorizontes legislaturperiode hinentwickeln könnte und sollte. unbequeme wahrheiten werden dem volk, wenn überhaupt nur portionsweise und unvollständig serviert. "die wahrheit ist dem volk zumutbar" dieser satz gilt, falls er überhaupt einmal gegolten hat, schon lange nicht mehr. der gemeine politiker fürchtet den wahltag, mißtraut dem wählenden und unterstellt diesem im falle seiner niederlage sogar irrtum in eben seiner wahl. bei genaueren blick auf die sachlage stellt man fest, die regierungen verfügen nicht mehr über jene potenz, um gerade wirtschaftliche probleme eigenhändig zu lösen. zu sehr hat sich die wirtschaft internationalisiert in den letzten dekaden, nationale regierungen haben wenig handhabe, den konzernen wirkungsvoll entgegenzutreten. gleichzeitig entfernten sich die konzerne selbst vor ihren althergebrachten führungsformen; an stelle von charismatischen firmeninhabern sind mehr oder weniger namenlose aktionäre getreten, deren primäres ziel der preis der aktie und die höhe der dividende ist. als vertreter der aktionäre übernehmen aufsichtsräte die leitenden funktionen innerhalb der firmen, und delegieren sie an hochbezahlt manager, die meist mehr um ihren eigenen ruf, als um die ihrer firma bemüht sind.den politiker sind die gegenüber der firmen verlustig gegangen, mit wen sollten sie noch über standorte, tarifverträge und arbeitszeiten verhandeln, da sie selbst teils aus staatlicher notwenigkeit (der staat hat kein geld mehr) teils aus modischem opportunismus ihren bürgern aktien zur rentenansparung geraten haben. und aktionäre haben eigene interessen, siehe oben. vielerorts wird nun das ende der parlamentarischen demokratie propagiert, oder zumindest diskutiert. wahr ist wohl, daß in zeiten der verunsicherung und des wirtschaftlichen niederganges, in dem wir uns zweifellos befinden, der ruf nach starke und eindeutige losungen durch führungspersönlichkeiten laut wird. dieser ist auch berechtigt, an deren losungen kann sich die gesellschaft wieder reiben und positionen für oder wider bezogen werden. ein ewiges herumlavieren in der neuerfundenen mitte, die möglichst niemand auf die hühneraugen treten will, nützt in so einer situation niemand. mögen sie doch herauskriechen aus ihrer geschützten deckung, all jene, welche die demokratischen institutionen immer schon als einen makel der modernen zeit gesehen haben. all jene, die lieber nach der pfeife eines gestrengen trainers tanzen, als eigenverantwortung für ihr handeln tragen wollen. zumindest wäre das ehrlicher und man könnte wieder leichter streiten.

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