05 April 2006

über den kaffeesatz

koffein ist, das wußte man schon seit einiger zeit, der wein der philosophie. wohlan, ihr hobby-denker, nachwuchsphilosophierer, dampfplauderer und wahrheitslieber, röstet die bohnen, auf daß ihr vom wissen trunken werdet. all die guten und weniger guten sorten wie arabia, robusta und all die anderen, hortet sie, röstet sie auf kleinem feuer und trinket daraus, oh ihr wißbegierigen zeitgenossen, die erkenntnis oder zumindest die wachheit, im schlimmsten fall das herzrasen, wird mit euch sein.
ja und dann hat die ganze kaffetrinkerei noch einen entscheidenden vorteil, sie ist sozusagen ganzheitlich verwertbar. man kann den kaffeesatz recyclen! nein, nein, nicht nocheinmal verwenden und kaffee daraus pressen wollen, diese untugend ist nur in sehr schlechten und gierigen kaffeehäusern beheimatet. ich kenne ein solches haus, diese hatte einst die restbestände der kaffeemaschine im dachboden zum trocknen ausgebreitet und das so wiedergewonnene pulver einfach dem neuen kaffeepulver untergemischt. panschen nennt man das, ja panschen, pfui teufel, der kaffee schmeckte auch entsprechend übel.
nein, das war nicht gemeint, man kann was viel profitableres mit dem alten satz anstellen. darin lesen! ja ja ich habs ja gehört, was zum kuckuck soll man den in kaffeepulver lesen können? ist doch kein buch oder? nein, buch ist das keines, aber das wunderbare tor zur zukunft. man kann im kaffeesatz die zukunft lesen. ja, wirklich, und das wird praktiziert und jede menge geld damit verdient. ist doch toll, oder, das trinkt man zuerst einen kaffee, also einen denkerwein, berauscht sich daran und benützt den abfall um die zukunft vorherzusagen und kohle zu verdienen.
großartig, ja und wie geht das denn? nun eigentlich ist es ganz einfach, man braucht dazu folgende zutaten: eine kaffetasste, eigentlich klar oder? jemanden der türkischen kaffee zubreiten und vor allem trinken kann, ich kanns nicht, und ganz wichtig einen klienten, der dringenst einblick in seine zukunft bedarf, also jemanden der von seiner/ ihrer lebensliebe verlassen wurde etc. der rest ist ermessenssache. man stürzt die ausgetrunkene kaffeetasse kopfüber auf die untertasse, hebt das häferl ab und untersuche akribisch den schwarzen haufen nassem pulver, welcher da zu liegen kam. wichtig ist, im rhythmischen abstand murmelnd erstaunen zum ausdruck bringen, wie "ist ja interessant" oder "so eine überraschung", gut ist auch "das hätte ich nicht gedacht". zweck der übung ist, der klient muß vor neugierde platzen, man kann ihn ruhig etwas zappeln lassen und nur zögerlich zu sprechen beginnen. dann gilt es, sehr diplomatisch vorzugehen, die kunst besteht darin, durch geschickt ausgelegte fragen, dem klienten jene antworten herauszukitzeln, die er/sie gerne hören würde. und der rest ist einfach: man gebe triumphierend von sich, das hätte ich ja so gesagt, und das stünde alles im kaffeesatz. viel kohle ist machbar. und wenns mal nicht eintrifft, was man da posaunt hat? nun kein grund zur panik. am besten man schwadroniert irgendwas von schlechten strahlen oder kalkhaltigem wasser, welche die sicht getrübt hätte oder von den neuen chanchen, die man ja prophezeit hätte.
höre ich da jemanden abwinken: alles schwachsinn. nein keineswegs, mitnichten. das wird tagtäglich praktiziert, mit zugegeben elaborierter wirkenden praktiken, das pflegt auf den ruf wissenschaft zu hören. zukunftsforscher nennt man diesen illustren kreis der modernen kaffeesatzleser, die den geistweinhumus auf posterioritäten hin untersuchen. und sie, und das ist der hammer, werden dafür fürstlich, ja königlich entlohnt. und was tun sie, nun nichts anderes als unser freund der kaffeesatzleser, durch geschicktes fragen und zusammenfassen von allgemeinwissen derartige all-gemeinheiten zu entdecken, die zwangsläufig in irgendeiner form passen müssen. da ist dann häufg die rede vom stellenwert der kommunikation, von der importanz der direkten dienstleitungen und der notwendigkeit der kooperation. man hört auch gerne von den neuen partnerschaften, neuen dienstverhältnissen. überhaupt taucht das vokabel "neu" in ungeahnten wortzusammenstellungen auf, von denen eigentlich kein mensch sagen kann, was diese wortungeheuer eigentlich bedeuten. na wunderbar, dazu bedarf es allerdings einen zukunftssatzleser, wir armen untrunkenen unwissenden wären nie drauf gekommen. und das beste, die zukunftsforscher werden nie müde zu betonen, die zukunft fände doch gerade jetzt statt, ja in dem augenblick, wo sie diesen satz lesen, lesen sie ihn eigentlich in der zukunft. perfekt, damit kann man sichien praktikables geschäftsfeld zusammenzimmern, du liest am morgen zeitung, selbstverständlich ebei einer tasse kaffee, um 10 faßt du das gelesene zusammen, dazu kann, muß man aber nicht kaffee trinken, schaden tut es nicht, und fertig ist deine diagnose, ab mit ihr in die druckerei, solange der braten noch heiß ist. so und jetzt her mit dem scheck.
ohne die werten herren, und dafür gebührt ihnen lob und dank, würden wir die zukunft gar nicht mitbekommen.

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